Ein Kongress voller echter Begegnung – mein Rückblick als blinder Referent
Von Francisco Villanueva
Ich möchte mit einem großen Dank beginnen. Denn was ich beim diesjährigen Heiligenfelder Kongress erleben durfte, war nicht nur eine herausragend gut organisierte Veranstaltung – sondern ein Raum, in dem ich mich als blinder Mensch, als Referent und als Mensch in seiner Ganzheit gesehen und willkommen gefühlt habe.
Was bleibt, ist ein tiefer Eindruck – und große Demut vor dem, was Sie Jahr für Jahr aufs Neue erschaffen: einen Ort, der in sich Gegensätze verbindet. Wissenschaft trifft auf Spiritualität, junge Stimmen auf erfahrene Koryphäen – und selbst echte Barrierefreiheit wird nicht nur mitgedacht, sondern gelebt. Das Ganze mit einer Leichtigkeit, die für mich nach echter Meisterschaft aussieht.
Mein Experiment: Ohne Assistenz – mitten ins Leben
Der Kongress kam für mich zu einem besonderen Zeitpunkt: Ich hatte mich kurz zuvor bewusst entschieden, auf Assistenz zu verzichten. Nach einer längeren Phase, in der Assistenz für mich selbstverständlich war, spürte ich immer stärker, wie sehr sie auch eine Art Puffer zwischen mir und anderen Menschen bildete. Ich wollte wissen: Was passiert, wenn ich mich direkter einlasse?
So war ich drei Tage lang ohne Assistenz bei Ihnen. Was körperlich, mental und emotional herausfordernd war – aber sich in jeder Hinsicht gelohnt hat. Ich durfte so viele bereichernde Kontakte erleben, Gespräche führen, in denen echtes Interesse spürbar war. Menschen kamen auf mich zu, luden mich ein, stellten mich ihren Freunden vor – sie wollten wissen, wie Vertrauen entsteht, wie ich mit Blindheit umgehe, was Humor in all dem bewirken kann.
Volles Haus, offenes Herz
Mein Workshop war – wie bereits im letzten Jahr – restlos überfüllt. Noch vor Beginn mussten wir eine halbe Stunde lang Stühle dazuholen: von geplanten 10 auf über 40 Teilnehmende – plus einige auf dem Boden. Und auch viele, die keinen Platz mehr fanden, kamen später auf mich zu. Was mich besonders berührte, war die Resonanz: Viele sagten, sie seien wegen der Mischung aus Offenheit, Verletzlichkeit und Humor gekommen. Genau das, was mir am Herzen liegt.
Ein großes Dankeschön an dieser Stelle an Foibe, die mit klarem Kopf und großem Herzen alles wunderbar begleitet hat.
Wie helfen wir eigentlich richtig?
Ein Gedanke, den ich gerne weitergeben möchte, beschäftigt mich besonders: Menschen helfen gerne – aber wir haben nie richtig gelernt, wie. Wir sind oft unsicher, ängstlich, wollen niemandem zu nahe treten. Und lassen es dann lieber ganz. Dabei ist „Helfen“ das schönste Zeitwort der Welt – nach „lieben“. So sagte es schon Bertha von Suttner, die erste weibliche Friedensnobelpreisträgerin. Und sie hatte recht.
Es braucht Räume wie Ihren Kongress, in denen man üben darf. In denen echtes Miteinander möglich ist – jenseits von Perfektion. Mit Humor, mit Tiefe, mit echtem Kontakt. Denn wenn eines klar geworden ist, dann das: Wir brauchen nicht unbedingt mehr Konzepte. Wir brauchen mehr echte Begegnungen.
In diesem Sinne: Danke. Für Ihre Offenheit. Für Ihre Sorgfalt. Für Ihre Haltung.
Herzlich
Francisco Villanueva