16
Mai

Wir geben das Wort an Toby Mayra und Ilva Pauger

  • Wie kam es dazu, dass Sie „WunderWalk im Kurpark“ als Vortragstitel gewählt haben?

Toby Mayra: Als ich das Kongressthema „Seele im Aufbruch“ das erste Mal gelesen habe, war mein erster Gedanke: Was für ein wunderschönes Thema ist das denn. Mindestens so schön wie „Kairos“ vor ein paar Jahren, aber man kann sich dieses Jahr direkt etwas unter dem Titel vorstellen. Es kommen Bilder in den Kopf. Für mich war es dieses hier: Wenn die Seele aufbricht, erinnert mich das an ein Samenkorn, welches aufbricht und das erste Grün zum Vorschein kommt. Das ist für mich ein Wunder. Und was sind die Wunder der Seele? Vielleicht unsere tiefsten Träume und Wünsche? Darum geht es beim WunderWalk. Das könnte doch passen, dachte ich mir. Dazu der schöne Kurpark neben dem Regentenbau. Da mussten wir gar nicht mehr über den Titel nachdenken. 

ILVA: Ja, es passt ganz wunderbar, finde ich. “Die Seele bricht auf”… ein Samenkorn bricht auf und bringt ein Wunder hervor. Die Seele macht sich auf den Weg, wodurch Wunder möglich werden. Sie begegnen uns auf dem Weg. Aber dafür müssen wir losgehen. Und das ist genau das, was wir beim WunderWalk machen. Wir gehen für die eigenen Träume und Wünsche – man kann sie eben auch Wunder nennen – los. Die Welt ist so, wie wir sie betrachten. Albert Einstein hat so schön gesagt: 

“Es gibt zwei Arten, das eigene Leben zu leben: entweder so, als wäre nichts ein Wunder, oder so, als wäre alles eines. Ich glaube an Letzteres.”

Je mehr wir uns daran erinnern und uns darin üben, so zu leben, desto mehr kann unsere Seele aufbrechen, sodass wir die Wunder immer mehr und besser sehen können. Das ist der WunderWalk: Die Kombination des tatsächlichen Gehens im Park, der Mantramusik auf 432 Hz, auf die meine Gitarre gestimmt ist, den geführten Meditationen sowie dem Raum für Austausch formt einen Rahmen, der uns wieder näher an diese Art zu leben bringt. 

  •   Was verstehen Sie unter dem Begriff Seele?

ILVA: Im WunderWalk laden wir die Menschen dazu ein, für die eigenen Träume und Wünsche loszugehen. Der Ort, wo unsere Träume, Wünsche und Sehnsüchte zu finden sind, ist für uns die Seele. Dort liegt die Essenz von dem, was wir sind, warum wir hier auf dieser Erde sind, welche Erfahrungen unsere Seele, ausgedrückt durch unseren physischen Körper, machen möchte.

Toby Mayra: Die Seele spiegelt, in meinen Augen, das fröhliche, kreative, neugierige Kind in uns, das die Welt erkundet – ohne Vorurteile und Beurteilungen, die es davon abhalten, auszuprobieren, zu erschaffen und zu kreieren.

ILVA: Die Seele ist der Kern, der unser Wesen ausmacht, nicht greifbar, aber spürbar ist.

Toby Mayra: Das kann ich nicht schöner ausdrücken. 

  • Weshalb glauben Sie, dass ein Aufbruch (unserer Seele) gerade jetzt notwendig wird?

ILVA: Unsere Seele hat über die Jahre oft verlernt oder vergessen, dass sie auf dieser Erde ist, um loszugehen. Loszugehen für all das, wofür sie hier ist, was sie erfahren möchte. In all den Einflüssen, der Schnelllebigkeit, der gesellschaftlichen Prägungen kommt die Seele, könnte man sagen, in eine Art Stillstand und geht in ein „Funktionieren“ über, weil sich das sicherer anfühlt. Darum ist es so wichtig, dass sich die Seele wieder daran erinnert, dass sie hier ist, um loszugehen. Aufzubrechen, diese Überschreibungen aufzubrechen, und sich auf den Weg zu machen. Auf ihren ganz eigenen, individuellen Weg. Und da ist der richtige Zeitpunkt immer JETZT. 

Toby Mayra: Es geht darum, jeden Tag aufs Neue loszugehen, uns stets daran zu erinnern, worum es uns geht, bis wir diese Erinnerung immer weniger benötigen.

ILVA: Weil wir durch all die kleinen Schritte irgendwann auf dem Seelenweg sind, den wir dann gar nicht mehr verlassen können und wollen, wenn wir ihn erst einmal gefunden haben.

Toby Mayra: Ich glaube außerdem fest daran, dass unsere Seele ein friedliebender Teil in uns ist. Wenn wir von einer Seele im Aufbruch sprechen, dann sprechen wir in meinen Augen auch immer von dem Wunsch nach Frieden. 

Mir kommt in diesem Moment eine Erinnerung in den Sinn, ein Bild, das sich tief in meine Seele gelegt hat: Ich engagiere mich in einem Verein, der Kindern und Jugendlichen mit und ohne Kriegs- und Fluchterfahrungen das gemeinsame Musizieren ermöglicht. Da tauchte vor einiger Zeit die 5-jährige Masha aus der Ukraine auf. Sie sprach kein Wort, schaute ausschließlich auf den Boden. Irgendwann reichte ihr ein anderes Kind eine Geige und den Bogen dazu. Da schaute sie das erste Mal auf und der andere Junge, der nicht ihre Sprache sprach, deutete ihr an, wie sie die Geige halten sollte. Dann machte er ihr pantomimisch vor, was sie mit dem Bogen machen muss. Masha hob ganz langsam ihren Arm und bewegte den Bogen über die Geige, so wie es der Junge vormachte. Wir waren schätzungsweise 30 Menschen jeden Alters im Raum und allen war der Moment bewusst, man hörte nichts. Dann senkte Masha den Arm und es erklang ihr erster Ton. Masha schaute mit weit aufgerissenen Augen umher. Da nahmen einige andere Kinder ihre Bögen in die Hand und ermunterten Masha, noch einen Ton zu spielen. Sie tat es und dann stimmten die anderen Kinder um sie herum in den Ton ein.
Masha kam in diesem Moment an. Ihre Seele? Ja, auch die. Weil sie auf andere Seelen traf, die in ihren Ton einstimmten. Auch im tiefsten Schmerz kann die Seele aufbrechen, dann, wenn der Frieden in den Raum tritt.
Wenn wir von Seele im Aufbruch sprechen, dann ist das in meiner Überzeugung auch immer der tiefste Wunsch nach Frieden.